1796 - 1835
Sonette dichtete mit edlem
Feuer
Ein Mann, der willig trug der Liebe Kette,
Er sang sie der vergötterten Laurette,
Im Leben ihm und nach dem Leben teuer.
Und also sang auch manches
Abenteuer,
In schmelzend musikalischem Sonette,
Ein Held, der einst durch wildes Wogenbette
Mit seinem Liede schwamm, als seinem Steuer.
Der Deutsche hat sich
beigesellt, ein Dritter,
Dem Florentiner und dem Portugiesen,
Und sang geharnischte für kühne Ritter.
Auf diese folg ich, die sich
groß erwiesen,
Nur wie ein Ährenleser folgt dem Schnitter,
Denn nicht als vierter wag ich mich zu diesen.'
1796 - 1835
Dir
ist's, o frommer Sophokles, gelungen,
Den Punkt zu schaun, wo Mensch und Gott sich scheidet,
Und was in ird'sche Worte du gekleidet,
Das ward, vom Himmel aus, dir vorgesungen!
Du bist ins Innre dieser Welt
gedrungen
Und kennst zugleich, was auf der Fläche weidet:
Was nur ein Menschenbusen hofft und leidet,
Du sprachst es aus mit deinen tausend Zungen!
Nie bist du kühl zur
Nüchternheit versunken,
Du sprühtest in erhabener Verschwendung
Der goldnen Flammen lichte, dichte Funken!
An dich erging die heil'ge,
große Sendung,
Du hast den Rausch der Poesie getrunken,
Und schimmerst nun in strahlender Vollendung.
1796 - 1835
Was
gleißt der Strom mit schönbeschäumten Wogen,
Da nur Entsetzen lauscht im tiefen Grunde?
Was haucht die Rose süßen Duft vom Munde,
Da manches Blatt ihr schon im Wind verflogen?
Was ist mit Gold der Wolke Saum
bezogen,
Da schon Gewitter bringt die nächste Stunde?
So hat, mit allem Schrecklichen im Bunde,
Natur uns stets durch falschen Reiz belogen.
Doch wer enträtselt erst der
Seele Tücken!
Dein Blick erglüht, der nur Verderben sendet,
Und ach! ich wähnte reines Licht zu saugen.
Nun fühl ich wohl, erwachend
vom Entzücken,
Das meine Sinne nur zu sehr verblendet:
Dein Herz ist schwarz, wie deine schwarzen Augen.
1796 - 1835
Was habt ihr denn an euerm
Rhein und Ister,
Um neben dem Hellenenvolk zu
thronen?
Journale, Zeitungsblätter,
Rezensionen,
Tabak und Bier und
Polizeiminister!
Die nie ihr kanntet jene zwei
Geschwister,
Freiheit und Kunst, die dort in
schönern Zonen
Auf’s Haupt sich setzten der
Vollendung Kronen,
Ihr haltet euch für Griechen,
ihr Philister?
Gestümpert habt ihr bloß nach
vielen Seiten,
Da Griechenland der Schönheit
ewgen Schimmer
Auf alles Seiende gewußt zu
breiten.
Was ist die Kunst, mit der ihr
prahlet immer?
In einem Ozean von Albernheiten
Erscheinen einige geniale
Schwimmer!
1796 - 1835
Wem
Leben Leiden ist und Leiden Leben,
Der mag nach mir, was ich empfand, empfinden;
Wer jedes Glück sah Augenblicks verschwinden,
Sobald er nur begann, darnach zu streben;
Wer je sich in ein Labyrinth
begeben,
Aus dem der Ausweg nimmermehr zu finden,
Wen Liebe darum nur gesucht zu binden,
Um der Verzweiflung dann ihn hinzugeben;
Wer jeden Blitz beschwor, ihn
zu zerstören,
Und jeden Strom, daß er hinweg ihn spüle
Mit allen Qualen, die sein Herz empören;
Und wer den Toten ihre harten
Pfühle
Mißgönnt, wo Liebe nicht mehr kann betören:
Der kennt mich ganz und fühlet, was ich fühle
1796 - 1835
Wer in der Brust ein wachsendes
Verlangen
nach schönen Augen fühlt und
schönen Haaren,
den mahn ich ab, der nur zu
viel erfahren
von Schmerz und Qual durch
eitles Unterfangen.
Dem jähen Abgrund nur mit Not
entgangen,
was blieb mir aus unendlichen
Gefahren?
Im Aug die Spur von
hingeweinten Jahren,
und in der Brust ein ungeheures
Bangen.
Naht nicht der jähen Tiefe,
junge Herzen!
Des Ufers Lilien glühn von
falschem Feuer,
denn ach, sie locken in das
Meer der Schmerzen!
Nur jenen ist das Leben schön
und teuer,
die frank und ungefesselt mit
ihm scherzen
und ihnen ruft ein Gott: Die
Welt ist Euer!
1796 - 1835
Wer
wußte je das Leben recht zu fassen,
Wer hat die Hälfte nicht davon verloren
Im Traum, im Fieber, im Gespräch mit Toren,
In Liebesqual, im leeren Zeitverprassen?
Ja, der sogar, der ruhig und
gelassen,
Mit dem Bewußtsein, was er soll, geboren,
Frühzeitig einen Lebensgang erkoren,
Muß vor des Lebens Widerspruch erblassen.
Denn jeder hofft doch, daß das
Glück ihm lache,
Allein das Glück, wenn's wirklich kommt, ertragen,
Ist keines Menschen, wäre Gottes Sache.
Auch kommt es nie, wir wünschen
bloß und wagen:
Dem Schläfer fällt es nimmermehr vom Dache,
Und auch der Läufer wird es nicht erjagen.
1796 - 1835
Wie
ein Verlorner an verlaßner Küste
Seh ich verzweifelnd um mich her und weine:
Wo ist ein Blick, der glänzte wie der deine?
Wo ist ein Mund, der wie der deine küßte?
Und wenn ich hoffte selbst, und
wenn ich wüßte,
Daß günstig lächelte mir mehr als eine,
Ich blickte kaum nach ihr empor zum Scheine
Mit Augen, wie die Augen einer Büste.
Wenn bis ans Ziel des irdischen
Bestrebens
Nie deines Anblicks wieder ich mich freue,
Noch der Erwidrung meines Liebelebens,
Sei ohne Sorgen wegen meiner
Treue:
Mich lockt ein neuer Liebesreiz vergebens,
Die ew'ge Schönheit ist das ewig Neue
1796 - 1835
Allein
im stillen völlig sich beglücken
Und
sich verstehn, wenn Tausende zugegen,
Vorüber
an einander sich bewegen,
Und
so verstohlen sich die Hand zu drücken:
Dann
mit den Blicken weilen voll Entzücken,
Wo
tausend Reize drängen sich entgegen,
Auf
Stirn und Aug und Lippen, die sich regen,
Und
auf des schönen Wuchses Meisterstücken:
Nicht
schnöd von Durst nach Liebe hingerissen,
Vielmehr
der Gunst versichert, wechselseitig,
Umfassen
sich mit ruhigem Gewissen;
Um
nichts Besorgnis hegen anderweitig,
Und
hoffen, nie was man gewann zu missen:
Dies Glück ist mein, das macht mir Keiner
streitig!
1796 - 1835
Als
ich gesehn das erste Mal dich habe,
Schienst
du mir schön, wiewohl von Stolz befangen,
Die
Stimmen tönten und die Gläser klangen,
Und
bald verschwandst du wieder, schöner Knabe!
Indessen
griff ich nach dem Wanderstabe,
Doch
blieb ein leiser Wunsch im Herzen hangen,
Und
Schneelawinen gleichet das Verlangen,
Es
wächst und wächst, damit es uns begrabe.
Dann
ward ich, als ich wieder dich gefunden,
Und
mehr und mehr gelernt, dich treu zu lieben,
Aufs
neu getrennt von dir und neu verbunden.
So
hat das Glück uns hin und her getrieben
Im
Wechseltrug der wandelvollen Stunden,
Und
nur dein Stolz und deine Schönheit blieben.
1796 - 1835
Auch
du betrügst mich, da von allen Seiten
Ich
mich betrogen weiß und hintergangen,
Du
füllst mein Herz mit brennendem Verlangen,
Und
meinen Gaumen an mit Bitterkeiten.
Was
nur dem Feinde mag der Feind bereiten,
Hab
ich von dir als Freundeslohn empfangen,
Ich
aber lasse deinen Namen prangen,
Und
überliefre dich dem Lob der Zeiten.
Bei
diesem Tau, der mir im Auge flimmert,
Noch
geb ich deine Liebe nicht verloren,
Wie
sehr dein Herz sich gegen mich verschlimmert!
Dich
hat zum Spiegel sich der Lenz erkoren,
Die
Jugend lacht auf deiner Stirn und schimmert,
Wie
ein Gemisch von Sonnen und Auroren!
1796 - 1835
Bewunderung,
die Muse des Gesanges,
Gebeut
mir stets, daß ich das Höchste preise.
Drum
rühmt ich Künstler, Fürsten, Fraun und Weise,
Dem
Zuge folgend eines großen Hanges.
Dich
nenn ich nun die Seele dieses Dranges,
Den
sonn'gen Gipfel meiner Lebensreise,
Den
Mittelpunkt, um den ich lobend kreise,
Bestrickt
vom Schwindel des Planetenganges.
Doch
wenn vor Liebe deine Worte beben,
O
so verleihst du, Freund! mir mehr in diesen,
Als
meiner Kunst beschieden ist zu geben.
Zwar
hat auch dir die Welt sich hold erwiesen;
Denn
schöner stirbt ein solcher, den im Leben
Ein
unvergänglicher Gesang gepriesen.
1796 - 1835
Da
kaum ich je an deine Locken streife,
So
deucht die stolze Mütze, die dich schmücket,
Die
deine krausen Haare niederdrücket,
Beneidenswerter
mir als goldne Reife.
Und
so beneid ich diese leid'ge Pfeife,
Die
deiner Lippen ew'ger Kuß beglücket:
Doch
ihrem Rauch, der stets sich uns entrücket,
Gleicht
deine Gunst, nach der umsonst ich greife.
Des
Stolzes schäme dich, des allzuschroffen,
Und
nie mißgönne mir die lock'gen Ringe,
Die
du vergönnest jenen toten Stoffen!
Und
laß mich, schein ich nicht dir zu geringe,
An
dieses Rohres Platz zu treten hoffen:
Dein
Sklave bin ich unter dem Bedinge.
1796 - 1835
Daß
ich dich liebe, hast du nie vermutet,
Nie
konnten's Menschen um uns her beachten:
Mein
ganzes Sein ist nur ein stilles Trachten,
Und
leise pocht das Herz mir, weil es blutet.
Ob's
ruhig in mir, oder ob es flutet,
Teilnehmend
wolltest du das nie betrachten,
Und
daß die Deinen mich für wenig achten,
Das
hat mich oft geschmerzt, doch oft ermutet.
Denn
meine Seele strebte warm nach oben,
Und
was mir freundlich, feindlich trat entgegen,
Ein
Traum erschien mir's, der mich rings umwoben.
Und
also will ich auch der Liebe pflegen,
Mit
einer Sinnesart, die nicht zu loben,
Doch,
die zu schelten, mich bedünkt verwegen.
1796 - 1835
Dich
oft zu sehen, ist mir nicht beschieden,
Und
ganz versagt ist mir, zu dir zu kommen,
Dir
selten zu begegnen und beklommen
Dich
anzuschaun, das ist mein Los hienieden.
Doch
von dir träumen, dichten, Plane schmieden,
Um
dir zu nahn, das ist mir unbenommen,
Das
soll, so lang es frommen will, mir frommen,
Und
mit so Wen'gem stell ich mich zufrieden.
Denn
ach! ich habe Schlimmeres ertragen,
Als
dieses Schlimme jetzt, und duld ergeben,
Statt
heft'ger Qual, ein süßes Mißbehagen.
Mein
Wunsch, bei Andern, zeugte Widerstreben:
Du
hast ihn nicht erhört, doch abgeschlagen
Hast
du ihn auch nicht, o mein süßes Leben!
1796 - 1835
Die
Liebe scheint der zarteste der Triebe,
Das
wissen selbst die Blinden und die Tauben,
Ich
aber weiß, was wen'ge Menschen glauben,
Daß
wahre Freundschaft zarter ist als Liebe.
Die
Liebe wird mit feurigem Betriebe
Sich
in sich selber zu verzehren schnauben;
Doch
meines Freundes kann mich nichts berauben,
Bis
nicht ich selbst in leichten Staub zerstiebe.
Er
zeigt mir Kälte nur und Übelwollen,
Er
spottet mein, er hat mich längst vergessen,
Doch
dacht ich nie daran, mit ihm zu grollen.
Nie
wird er meine Hand in seine pressen,
Stets
aber werd ich neues Lob ihm zollen,
Und
was man lobt, hat man im Geist besessen.
1796 - 1835
1.
Diodat
Ich
trank den Todeskelch, den Übervollen.
Denn
was ihr sterben nennt, will wenig sagen,
Und
selig jene, die in Sarkophagen
Verhüllt
an Seilen schon zur Tiefe rollen!
O
wär’ ich schon aus dieser Welt verschollen,
Und
läg’ ich kalt, von weißem Tuch umschlagen,
Und
würde feierlich hinausgetragen,
Und
Freunde weihten mir die ersten Schollen!
Doch
ach! mir fehlt’s an Freunden und Vertrauten,
Und
bei den Menschen, die gesellig schwärmen,
Schleich’
ich vorbei, und lasse nichts verlauten.
Wie
lange will mich noch die Sonne wärmen,
Da
meine Blicke das genug schon schauten,
Was
mich nun treibt, zu Tode mich zu härmen?
2.
Astolf
Die
Wälder hab ich wieder liebgewonnen,
Seit
ich dein Bild in meinem Busen trage:
Wie
schön ist's, auszuatmen leise Klage,
Von
hoher Schatten grünem Netz umsponnen!
Es
leiht mir Einsamkeit erneute Wonnen,
Die
eingebüßt ich diese vor'gen Tage;
Denn
wessen Leben ohne Liebesplage,
Der
lebt's im Schwarm der Menschen unbesonnen.
Nun
hab ich satt dies Hinundwiederlaufen,
Denn,
wahrlich, leise nur von dir zu träumen,
Ist
mehr als handeln mit dem großen Haufen!
O
könnt ich erst, anstatt in schatt'gen Räumen
Zu
wandeln dein gedenk, das Glück erkaufen,
Mit
dir zu ruhen unter diesen Bäumen!
1796 - 1835
Du
liebst und schweigst - O hätt ich auch geschwiegen,
Und
meine Blicke nur an dich verschwendet!
O
hätt ich nie ein Wort dir zugewendet,
So
müßt ich keinen Kränkungen erliegen!
Doch
diese Liebe möcht ich nie besiegen,
Und
weh dem Tag, an dem sie frostig endet!
Sie
ward aus jenen Räumen uns gesendet,
Wo
selig Engel sich an Engel schmiegen.
Drum
laß des Wahns mich, daß du liebst, mich freuen,
Damit
die Seele nicht mir ganz veröde,
Und
meinen Glauben möge nichts zerstreuen!
O
Glück, verweigre nicht mir allzuschnöde
Den
Tag, an welchem seinem Vielgetreuen
Die
ganze Seele zeigt der schöne Spröde!
1796 - 1835
Du
prüfst mich allzuhart. Von deiner Senne
Kommt
Pfeil auf Pfeil in meine Brust geflogen:
Du
hast mir mehr als Einen vorgezogen,
Den
ich als Körper ohne Seele kenne.
Doch
während ich in deiner Flamme brenne,
Bekämpf
ich stets in mir die stürm'schen Wogen,
Damit
ich zürnend nicht und oft betrogen
Mit
einem bittern Namen dich benenne!
O
nein, Geliebter! Keine Klage schände,
Von
schwarzem Unmut weibisch hingerissen,
Den
liebenswürdigsten der Gegenstände!
Wenn
meiner Freundschaft nie du dich beflissen,
War
mein die Schuld: man beut ja nicht die Hände
Zum
Bunde bloß, man muß zu fesseln wissen.
1796 - 1835 Den
Freund ersehnend, welcher, treu dem Bunde,
Mich reich ergänzen kann in
Sein und Wissen,
Fühlt ich mein Herz durch
manchen Wahn zerrissen,
Und eitle Täuschung schlug mir
manche Wunde:
Da bringt dein Auge mir die
schöne Kunde,
Da find ich dich, um weiter nichts
zu missen,
Wir fühlen beide schnell uns
hingerissen,
Zu Freunden macht uns eine
kurze Stunde.
Und kaum genießen wir des neuen
Dranges,
Als schon die Trennung unser
Glück vermindert,
Beschieden uns vom prüfenden
Geschicke.
Doch ihres innigen Zusammenhanges
Erfreun die Geister sich noch
ungehindert;
Es ruhn auf goldner, künft’ger
Zeit die Blicke.
1796 - 1835 So oft
ich sonst mich trug mit deinem Bilde,
Bereut ich, daß ich meine
Pflicht verschoben,
Und nie zu dir ein Wort des
Danks erhoben
Für deine seelenvolle Lieb und
Milde.
Nun hat der Tod mit seinem
Gorgoschilde
Den Blick erstarrt, der gern
geschaut nach oben,
Und was ich Freundliches für
dich gewoben,
Send ich dir nach in fremdrere
Gefilde.
Es hat den Jüngling deine Gunst
belebet,
Dir galt für künft’ge Glut der
erste Zunder,
Auf dem noch kaum ein Funke
schwach gebebet.
Nun weilt dein ewig wonniger,
gesunder,
Verjüngter Geist, wohin er
stets geschwebet,
Im überschwenglichen Gebiet der
Wunder.
1796 - 1835 Von
weiter Ferne werd ich angezogen
Ich möchte suchend durch die
Länder schweifen,
Dich wieder sehn und wieder
dich ergreifen
Und nie mehr lassen, bist du
mir gewogen.
Durchwandeln möcht ich dürre
Meereswogen
Und Erdenfluren, welche
schwellend reifen,
Nach dir zu fragen bei den
Wolkenstreifen,
Nach dirzu fragen bei dem
Regenbogen.
Ob über dir sie schwebten in
der Ferne?
Ob er dich sah durch seine
Pforten treten?
Dem Liebenden antwortet Jeder
gerne.
Nun faß ich erst den Wandel der
Kometen,
Sie schweifen hin und fragen
alle Sterne:
Wo ist sie? oder: Habt ihr sie
betreten?